Equal Opportunity

Mit diesem Artikel soll begonnen werden, eine Gerechtigkeitslücke in der bisherigen Berichterstattung von Eiserne Ketten zu schließen und auch über den Fußball, den Frauen bei Union spielen, zu berichten. Heute geht es dabei um den 2-0 Sieg des 1. FC Union gegen Viktoria 1889 Berlin an der Alten Försterei.

Grundausrichtung

Grundformationen
Beide Teams stellen sich in 442 Ordnung auf.

Beide Mannschaften agierten in einer 442 Formation, die aber sowohl strategisch als auch in taktischen Details sehr verschieden ein- und umgesetzt wurde. So war die als Meister feststehende Union von Beginn an spielbestimmend und hatte sowohl mehr Ballbesitz als auch Torchancen.

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Die junge, von einigen verletzungsbedingten Ausfällen geprägte Selektion von Trainer Oliver Hartrampf. Ich hoffe sehr, dass alles hier stimmt. Falls dem auf Grund nicht ganz kohärenter Informationen nicht so ist, bitte ich um Korrekturen und Entschuldigung.

Überlegenheit

Unions Überlegenheit gegenüber dem in der Regionalliga Nordost viertplatzierten Team von Viktoria beruhte zum einen auf größerer individueller Qualität, zum anderen auf einigen taktischen Vorteilen. So setzten die Köpenickerinnen das 442 flexibler um und negierten, oder mitigierten zumindest, die Schwachpunkte dieser Formation.

So fiel im Aufbauspiel oft eine der Sechserinnen, meist Budde, zwischen die Innenverteidigerinnen zurück, die daraufhin sehr breit auffächerten. Ihre Partnerin im zentralen Mittelfeld hingegen hatte die Aufgabe, nach vorn aufzurücken. So sollten auch für die Besetzung der aus einer 442 Grundordnung heraus oft vernachlässigten Räume im offensiven Zentrum Mechanismen greifen. Ergänzt werden diese Bewegungen, indem in Ballbesitz sowohl die Außenverteidigerinnen als auch die Flügelspielerinnen in die nächsthöhere Linie aufrücken. So werden die Außenverteidigerinnen in die Lage versetzt, als nach vorn gerichtete Anspielstation im Aufbau zu dienen und Verbindung zwischen den Mannschaftsteilen herzustellen.

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Justina Krüger spielt einen guten Pass...
Tor
und Dina Orschmann trifft zum 1-0.

Flexibilität in der Interpretation ihrer Rollen zeigten auch die offensiven Außen, die in einzelnen Situationen in die Mitte zogen oder auch etwas nach hinten in Richtung des zentralen Mittelfelds abkippten. Am auffallendsten geschah dies auf Unions linker Seite, auf die sich - in Person von Justina Krüger - Unions Offensivspiel vor allem in der ersten Halbzeit fokussierte. Sie war es auch, die mit einem genauen diagonalen Pass durch die Viktoria Abwehr das 1-0 durch Dina Orschmann vorbereitete. Im Interview mit Eiserne Ketten betonte Krüger, dass es gerade auf dem breiten Platz des Stadions an der Alten Försterei wichtig war, dem Spiel in Ballbesitz Breite zu geben; und dass sie dazu entweder darauf bedacht war, dies selbst zu tun, oder durch ausweichende Bewegungen in die Mitte Platz für die hinterlaufende Außenverteidigerin zu schaffen.

Justina Krüger
Linksaußen Justina Krüger.

Gerade an einem heißen Frühsommertag waren diese Aufgaben konditionell anspruchsvoll, ein Fakt, der dem Spiel in der zweiten Hälfte durchaus anzusehen war. Allerdings zeigte sich Union gerade in der Schlussphase auch als das in dieser Hinsicht überlegene Team und kam nach dem 2-0 (in der 67. Minute) zu einigen weiteren Chancen.

Schwachstellen

Trotz des verdienten Sieges zeigte Union auch deutliches Verbesserungspotential. So fehlte es dem Aufbauspiel zum Teil an Tempo, wie auch Trainer Hartrampf nach dem Spiel analysierte: "Es ist eigentlich recht gut gelungen, den Ball laufen zu lassen, aber wir haben es nicht geschafft, den Gegner laufen zu lassen. Wir haben oft in Situationen den Ball totgestoppt, dadurch hat der Gegner im Trabschritt den Bällen nachlaufen können." So gelang es selten, die fehlende Flexibilität im Pressing Viktorias zu nutzen, um dessen erste Reihe zu überspielen.

Trainer Oliver Hartrampf
Trainer Oliver Hartrampf, der nie Judoka war, und die Bank der Unionerinnen. Im Interview spricht er über das Spiel, den Status des Frauenfußball und die Ausrichtung für und nach dem Aufstieg.

Das Spiel illustrierte damit schön, warum das Stilmittel 'abkippender Sechser' Trainern sinnvoll erscheint, es bei unpassender Umsetzung aber nicht immer ist.

Auch die oben beschriebenen Mechanismen, die entscheidenden Räume im Offensivspiel zu besetzen, griffen nicht immer. Gerade als favorisierte Mannschaft in der Regionalliga mit dem erklärten Ziel, Spiele offensiv zu dominieren, könnte die Wahl des 442 Grundsystems fragwürdig erscheinen. Wie Oliver Hartrampf im Gespräch erklärte versuchte man damit, "Mittelfeldpressing, Angriffspressing zu spielen, vorne den Ball zu erobern, da auch das Niveau im Spielaufbau ein anderes ist [als in der 2. Bundesliga], früh anzulaufen um den hohen Ball zu erzwingen."

So gelang es auch in diesem Spiel, mit (Gegen)pressingaktionen Druck aufzubauen. Wie gut sich diese Herangehensweise nach dem Aufstieg in der nächsten Saison zurück in der 2. Bundesliga wird umsetzen lassen wird spannend zu sehen sein. (Das ist im Übrigen nur ein Grund unter vielen, für die Spiele der Frauen nach Köpenick, und hoffentlich auch in die Alte Försterei zu kommen.)

Szene des Spiels

Seitfallzieher
Dina Orschmann mit einem schönen, aber verzogenen Versuch.

Ein Seitfallzieher, mit dem Union-Stürmerin Orschmann nach wenigen Minuten das leere Tor verfehlte, nachdem sie in einer aus dem Pressing entstandenen Situation die Torhüterin Viktorias in einen Pressschlag zwang - hier zeigte sich sowohl die Überlegenheit Unions als auch, wie sie nicht in ein klareres Ergebnis umgesetzt wurde.