Sankt Sebastian

Union-Kiel

Die Aufstellungen zu Beginn mit Schindlers früher Einwechslung. Lenz kann sich zum ersten Mal vor Reichel durchsetzen, Hedlund spielt von Beginn an und (ein darüber sichtlich nicht amüsierter) Felix Kroos sitzt für Žulj auf der Bank.

Union spielt zum vierten Mal in Folge unentschieden gegen Kiel und kann sich dabei glücklich schätzen, dass es in einem Spiel, in dem Holstein über weite Strecken besser war, beim 0-0 bl... ah nein, da ist ja noch was passiert: ein Tor aus nicht idealer Staffelung und die Sebastian Polter Apotheose.

Auch gegen eine der interessanteren Mannschaften der Liga änderte sich an Unions Spielanlage zunächst wenig, obwohl mit Žulj und Lenz in der Startelf personelle Akzente gesetzt wurden. Weiter spielte die Mannschaft von Urs Fischer mit 442-Pressing und tat sich schwer, klare Muster für Angriffe herauszuarbeiten. Der Weg, das Spiel über das Zentrum aufzubauen, war jedenfalls fast immer von Kiels offensivem Pressing in 433- oder 4132-Ordnungen versperrt.

Ausnahmen

Die beiden guten Angriffe Unions in den ersten drei Minuten waren zu wenig und zu improvisiert, um mehr als Ausnahmen dazu zu sein. Bei der ersten dieser beiden Chancen zeigte Christopher Lenz aber gleich einmal, was er der Mannschaft geben kann, als er sich zusammen mit Simon Hedlund und Robert Žulj den linken Flügel entlang spielte. In der zweiten Szene kurz darauf schickte Akaki Gogia Sebastian Andersson mit einem halben Kontakt in den Strafraum, wo Andersson ein Strafstoß verwehrt blieb.

Dieser Moment machte aber deutlich, wofür Gogia in der Mannschaft steht: er ist im Moment am ehesten in der Lage, Angriffe und Szenen hin zu unmittelbarer Torgefahr zu transformieren. Das galt auch für seine Chance am Beginn der zweiten Halbzeit.

Die Regel

Ansonsten bestimmte in der ersten Halbzeit aber Kiel das Spielgeschehen. Bis zur Pause hatte Holstein dabei auch mehr und gefährlichere Torszenen - auch wenn Union längst nicht so schlecht und rustikal spielte, wie es der Kieler Trainer Tim Walter nach dem Spiel in der Pressekonferenz darstellte. Kiels Spielweise hat sich allerdings seit der letzten Saison durchaus verändert. Die Außenverteidiger spielen immer noch offensiv, aber nun sehr viel geradliniger, rücken also auf dem Flügel nach vorn, statt im Mittelfeld beim Spielaufbau zu helfen.

Auch die Aufgabenverteilung der Mittelfeldspieler hat sich geändert, seit Kiel die nicht-so-überraschende-Überraschungsmannschaft war. Spielte Kiels damals im 4141 mit zwei Achtern, die konstant mit Steilpässen und Sprints in die Tiefe die typischen Schnellangriffe unterstützten, hat Kiel nun eine klare 433-Rollenverteilung im Mittelfeld. Jonas Meffert spielt als ballverteilender Sechser im Aufbau, David Kinsombi bietet sich überall zwischen beiden Strafräumen an, um das Spiel nach vorn zu verlagern, und Lee Jae-Sung agiert als Zehner zwischen den Linien. Idealtypisch war diese Rollenverteilung bei Kingsley Schindlers Chance nach 19 Minuten zu beobachten: Mefferts ausweichende Bewegung überwindet Unions erste Pressinglinie, sein Pass auf den sehr gut postierten Kinsombi die zweite, über Außenverteidiger Bergh erreicht Kiel Lee, dessen Weiterleitung (ein Echo von Gogias oben erwähnter Szene) Schindler nicht verwerten kann.

A propos Schindler: Einer der prägenden Spieler dieser Partie im letzten Jahr kam nach wenigen Minuten verletzungsbedingt ins Spiel und hatte bis zu seiner Auswechslung eine freie Rolle, in der nominell vom linken Flügel überall im Angriff auftauchte, und so fast eher als zweiter Stürmer in einem asymmetrischen System spielte.

Tore

In der zweiten Halbzeit gelang es Kiel dann nicht mehr, seine Angriffe bis in den Strafraum auszuspielen, auch wenn die Gäste (vor allem über Pässe des sehr guten Hauke Wahl) noch gute Momente im Aufbau hatten. Union dagegen kam vor allem über die Flügel nach vorne, im letzten Drittel fehlten dann aber oft passende Laufwege in die Schnittstellen der Kieler Abwehr.

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Tja, mehr Polter als diese Spiel geht nicht; Photo: Felix/Union in English/Football & Wildlife Media

Das schien auch in der 90. Minute schon so zu sein, doch dann fanden Sebastian Polter und Robert Žulj doch noch Wege für einen Doppelpass auf der Strafraumkante. Den dann fälligen Elfmeter hätte Žulj wohl nicht bekommen, aber Grischa Prömel vermied mit der Kopie seines Tores gegen Bielefeld eventuelle Kontroversen darüber. Übrigens kam - entgegen Walters Darstellung der Ereignisse - in der Entstehung dieses Tors genau so wenig ein langer Ball vor, wie in der des 2-0.

Szene des Spiels

Ein Angriff Unions nach einer knappen Viertelstunde, der vieles von dem hatte, was Union im Moment auszeichnen kann. Zunächst (nach 13:15 Spielzeit) verhindert Union im Gegenpressing, dass Kiel kontrolliert aufbaut und schlägt Kenneth Kronholm den Ball lang nach vorn. Florian Hübner gewinnt das Kopfballduell, und nach der Ablage von Žulj steht Manuel Schmiedebach wie so oft richtig, um den Ball nach vorn weiterzuspielen. Die Kombination über Simon Hedlund misslingt zwar, aber - wie so oft - steht Manuel Schmiedebach richtig, um den Ball mit einer Philipp-Lahm-Gedächtnisgrätsche zurück zu gewinnen und an Christopher Lenz den Ball zu geben, zusammen mit einer Gelegenheit, sich mit einem starken Dribbling dem Gegnerdruck zu entziehen.

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Lenz machte überhaupt ein sehr gutes Spiel; Photo: Felix/Union in English/Football & Wildlife Media

Weil der andere Union Außenverteidiger, der Christopher heißt, die Situation rechtzeitig erkannt hat, können sich beide nun von einem Halbraum zum anderen den Ball zuspielen. Gerade gegen Kiel, die in der vergangenen Saison für ihre eingerückt-nach-vorn-geschobenen Außenverteidiger berühmt waren, so einen Spielzug einzuleiten, ist sehr hübsch. Trimmel zieht dann mit dem Ball innen nach vorn und erlaubt es damit Gogia, ins eins-gegen-eins zu gehen. Das geht unentschieden aus und resultiert in einem Schuss von der Strafraumgrenze.

Oder gab es irgendeine andere Szene, die von diesem Spiel nachhaltig im Gedächtnis bleiben wird?

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